Die Analytische Annäherung

Die analytische Annäherung an die und die systematische Darstellung der einfachsten bis zu den kompliziertesten Formen reichenden Motive, ist zum Verständnis der grundlegenden Charakteristika und der Prinzipien, die das Dekor der geometrischen Webarbeiten beherrscht, hilfreich. Sie entspricht jedoch nicht dem natürlichen Schöpfungsprozess und der Entwicklung der Motive durch die Weberinnen.

Jedes Motiv wird hauptsächlich durch seinen grundlegenden Aufbau gekennzeichnet, aber auch durch die einzelnen motivischen Themen oder Füllmotive. Der grundlegende Aufbau beruht auf den Hauptlinien des Musters, die das Motiv organisieren und es in kleinere Flächen teilen.

Die freien (leeren) Felder, die sich aus dem grundlegenden Aufbau ergeben, werden mit den vereinzelten Füllmotiven ausgefüllt.

Der Grundlegende Aufbau Der Motive

Die Füllmotive

Die Füllmotive der verzierten Gewebe sind immer geometrische, nicht deskriptive Formen. Sie werden in den leeren Flächen des Hauptmotivs angeordnet, welche in der Regel Rhombusform haben: um in den rhombenförmigen Umriss eingefügt werden zu können, haben die meisten Füllmotive eine entsprechende Form.

Mal sind sie groß – wenn die Linien des Hauptmotivs die Oberfläche in großen Feldern organisieren – und mal sehr klein – wenn sogar die kleinsten leeren Flächen mit Dekor bedeckt werden. Manchmal lässt das Hauptmotiv überhaupt keinen oder nur kleinsten Spielraum zum Gebrauch einzelner Füllmotive, da es zu kompliziert und dicht ist.

Relationships Between Filling Motifs

In keiner Volkskunst bleibt ein Muster unverändert, wenn es in die Tradition eingegliedert wird. Es verändert und entwickelt sich vielmehr und im Laufe der Zeit taucht es in einer Menge Variationen auf.

Zwischen den meisten Füllmotiven der verzierten Webarbeiten gibt es eine klare Verwandtschaft. Diese bietet die Möglichkeit, ihre Beziehung untereinander zu entdecken, zu beschreiben und zu analysieren.

Alle Muster, von den allereinfachsten bis hin zu den kompliziertesten, sogar auch jene wenigen, die scheinbar aus unabhängiger, origineller Inspiration stammen, werden vom gleichen Geist und Stil beherrscht und folgen immer den allgemeinen Regeln:

– Symmetrie zur lotrechten Achse

– „Linien“ in zwei schrägen, zueinander senkrecht stehenden Richtungen

– Einordnung des Themas in eine rhombenförmige Umrisslinie

– Einschränkung der einfarbigen, einheitlichen Fläche auf ein Minimum

Die Zonen. Eine Analytische Annäherung

In jeder Zone wird das immer gleiche Motiv wiederholt:

Bei den kretischen Webarbeiten mit geometrischem Muster werden wir niemals zwei unterschiedliche Motive antreffen, die in der gleichen Zone erscheinen. Dies gilt selbst wenn diese Motive die gleiche Größe oder den gleichen grundlegenden Aufbau haben.

Die Größe des Motivs bestimmt die Breite der Zone: wenn die Motive groß sind, gerät die Zone breit. Dann hat sie weniger Motive. Im Gegensatz dazu haben wir, wenn die Motive klein sind, eine größere Zahl von Motiven in schmäleren Zonen.

Den Beginn und das Ende jeder Musterzone erkennt man entweder an den Linien oder an einigen sehr schmalen Zonen mit einfachen Motiven. Diese Zonen charakterisieren wir als „zweitrangig“ oder „ergänzend“. Zumindest bei den älteren Webstoffen werden sie niemals ausschließlich für die Verzierung des Gewebes benutzt, sondern rahmen meist die breiteren (Haupt-) Zonen ein.

Innerhalb ihrer Grenzen sind diese Zonen hinsichtlich der horizontalen Achse, die durch die ihre Mitte läuft, symmetrisch.

Eine Ausnahme bilden die Zonen mit den „Kuppeln“, auf die wir bei Geweben Zentralkretas treffen.

In der Regel wird der Abschluss einer Zone durch die Vollendung des Motivs bestimmt. Es gibt jedoch auch Fälle, wo das gleiche Motiv in einer zweiten oder sogar dritten Reihe wiederholt wird. Jede „greift“ in die vorhergehende und ruft so den Eindruck hervor, dass die Motive schräg (diagonal) in der Zone organisiert sind.

In keiner Zone – wie auch in keinem Motiv – treffen wir auf einfarbige („leere“, unverzierte) Flächen.

Die nicht vom Hauptmotiv bedeckten und in der Regel dreieckigen Felder der Zone werden von dekorativen Elementen vervollständigt, die wir „ergänzende“ Motive nennen.

Diese ergänzenden Motive gehören in folgende Kategorien:

– Sie sind die Hälfte oder ein Teil des Hauptmotivs der Zone

– Sie sind die Hälfte oder ein Teil eines anderen Motivs.

Die Konzeptionelle Organisation Der Oberfläche

Die Beziehung zwischen der Breite der Zierzonen und der Art, wie diese die Oberfläche der Webarbeit organisieren, rufen bei den „sogioma“ (zur Gänze verzierten) Webereien besonderes Interesse hervor und weisen eine bemerkenswerte Mannigfaltigkeit auf.

Im einfachsten Falle kann ein stetiger Wechsel zweier Zonen mit großem Unterschied in der Breite beobachtet werden: dann haben die schmalen, zweitrangigen Zonen die Rolle, die breiten zu trennen und sie hervorzuheben. Oft werden die zweitrangigen nochmals aufgeteilt, womit die horizontalen Linien betont werden.

In völligem Gegensatz zur vorhergehenden Anordnung, bei welcher die gesamte Oberfläche des Gewebes auf die gleiche Weise behandelt wird, steht diejenige, bei der an beiden Endflächen die Zonen spürbar breiter sind und folglich kunstvoller verziert als im Mittelteil.

Die besondere Beziehung der Größe der verzierten Zonen untereinander stellt eines der Charakteristika jedes Webstückes dar , welches es von den anderen, ihm ähnlichen, abhebt.

 

Die Motive

Bei den „sogioma“ (zur Gänze verzierten) Geweben haben sowohl die breiten als auch die schmalen verzierten Zonen regelmäßige geometrische Motive, mit hauptsächlich schrägen Linien (rhombenähnlichen Formen). In der Regel bestimmt die Größe des Motivs die Breite, aber auch den stilistischen Rhythmus jeder Zone.

Auf der gesamten Länge der schmalen Zonen sind die Motive kleiner und daher zahlreicher: hier ist der Rhythmus schnell und dicht, im Gegensatz zu den breiten Zonen, wo die Motive spärlicher verteilt sind.

Auf der Oberfläche der Webarbeit haben wir nicht nur einfach eine Verkettung, eine Nebeneinanderstellung von Zonen, sondern auch eine Komposition von Rhythmen und Dichtheitsgraden, sowohl von Formen als auch von Farben.

Breite Zonen sind jedoch nicht immer das Ergebnis der Auswahl eines großen Motivs. Bei den „sogioma“ Webarbeiten treffen wir häufig auf breite Zonen mit Verzierungen, die durch die Wiederholung desselben kleinen Motivs in alle Richtungen geformt werden: die Breite der Zone wird nunmehr von der Weberin bestimmt.

Die Farben

Die Farben, die für die „sogioma“ (zur Gänze verzierten) Gewebe benutzt werden sind rot, grün, warmes gelb und ocker, blau – mauve und schwarz. In ihrer überwältigenden Mehrheit sind diese Gewebe rötlich; das Rot überwiegt quantitativ und ist in den meisten Fällen auch die Farbe des Untergrundes. Andere Farben, die für den Untergrund benutzt werden sind warmes gelb, ocker und grün. In der Regel ist der Untergrund der gesamten Webarbeit der gleiche.

Bei den „sogioma“ Webarbeiten Kretas, wie auch bei den anderen großen kretischen Geweben mit in Zonen organisierten geometrischen Motiven, erschöpft sich die Farbskala in der Regel in einer Zone.

Die Art, wie die Weberin jede einzelne Farbe benutzt, – welches Motiv also in welcher Farbe gewebt wird – spielt im letztendlichen optischen Eindruck eine gleichbedeutend wichtige Rolle wie die Auswahl der Motive und die Komposition der verzierten Zonen.

Die Komposition

So wie eine einzelne verzierte Zone stilistisch und farblich vollendet sein kann, beobachten wir, dass auch ein größeres, mehrere Zonen umfassendes, Feld der Webarbeit eine autonome Komposition bilden kann, die für sich betrachtet ästhetisch perfekt ist.

Es ist jedoch außergewöhnlich selten, dass zwei beliebige verzierte Felder verschiedener Webstoffe zueinander passen und Teile der gleichen Webarbeit bilden.

 

Kilimi, Kenourio 1910

Selbst wenn diese „Komposition“ die Regeln der stilistischen Organisation der „sogioma“ Gewebe erfüllte, erforderte so etwas eine gemeinsame Farbskala, gleiches Garn für Kette und Schuss und als Wichtigstes, die gleiche Weberin mit der gleichen Persönlichkeit und Sensibilität.

Häufig können zwei Felder der gleichen Webarbeit so unterschiedlich sein, dass man sie sich, getrennt betrachtet, nur schwierig als zum gleichen Webstoff gehörend vorstellen kann.

Das letztendliche Ergebnis jedoch ist so vollendet, komplex und harmonisch, dass es die Bewunderung des Betrachters für die Fähigkeiten und die Kühnheit der Weberin hervorruft.

Makathi, Kalyviani Monastery

Die Konzeptionelle Organisation Der Oberfläche

Bei Webarbeiten dieser Kategorie werden Flächen mit zwei verschiedenen Charakteren nebeneinander aufgeführt: komplexe Endflächen mit verzierten Zonen und ein Mittelteil mit horizontalen Streifen.

Die Abfolge der Motivzonen an beiden Endflächen gleicht derjenigen der „sogioma“ (zur Gänze verzierten) Webarbeiten: zwischen die Motivzonen werden sehr feine Streifen eingefügt, welche nicht breiter als wenige Millimeter sind. In der Mittelfläche der Webstoffe dieser Kategorie treffen wir jedoch auf Streifen, deren Breite oft bis zu drei Zentimetern reicht.

Die Farben sind die gleichen wie bei den geometrischen Motiven. Die fortlaufende Weise, mit der sie benutzt werden, lässt sie deutlicher und stärker aufscheinen und steigert ihre akzentuellen Unterschiede.

Die Streifen der mittleren Zone werden auf regelmäßige Weise angeordnet und so gruppiert, dass sie entweder für sich oder zusammen mit den sie umgebenden schmalen verzierten Zonen, eine umfassende, absolut symmetrische komplexe Zone bilden.

Diese komplexen Zonen im Mittelteil der Webarbeiten wechseln regelmäßig ab und schaffen einen bald schnellen und dichten Rhythmus – wenn die Breite der komplexen Zone klein ist – einen bald ruhigen und langsamen Rhythmus – wenn die komplexe Zone schmal ist.

Der Wiederholungsrhythmus der komplexen Zonen des Mittelteiles wird deutlicher, wenn weiße und schwarze Streifen vorhanden sind, etwas, was bei Webstoffen dieser Kategorie häufiger vorkommt. In der Regel werden die Streifen so benutzt, dass sie die komplexen farbigen Zonen trennen und auf Abstand halten.

Die Komposition

Die Frage ist, wie der optische Gesamteindruck, welcher aus dem Gegensatz von Flächen unterschiedlichen Stils hervorgeht, zustande kommt: welches sind also die Elemente, die diese Flächen zu einer sowohl farblich als auch stilistisch absolut harmonischen einheitlichen Fläche, der Gesamtfläche des Gewebes, vereinigen und zusammenfügen?

Die gemeinsame farbliche Behandlung ist eines der Hauptelemente zur Schaffung einer einheitlichen Gesamtoberfläche.

Ein zweites, ebenso wichtiges Element ist die Existenz von Zonen mit Ziermotiven im Mittelteil. Diese sind sicherlich kleiner aber doch verwandt mit den Motiven an den Abschlussflächen.

Bei den Webstoffen dieser Kategorie durchdringen sowohl stilistische als auch farbliche Elemente der Endflächen den Mittelteil der Webarbeit. Der komplizierte und dichte stilistische Rhythmus der Endflächen wird in der Mitte vereinfacht und gelichtet, indem die gleichfarbigen Streifen regelmäßig zwischen die verzierten Zonen eingefügt werden.

So wird deren Folge unterbrochen und sie werden isoliert. Hiermit wird im Mittelteil der Webarbeit das komplexe Bild der Enden aufgelöst.

 

 

Unterschiede Zwischen Den Geweben Der Präfekturen Lassithi Und Heraklion

Zwei bedeutende Unterschiede können zwischen den Webstoffen von Lassithi und denen der anderen Präfekturen bemerkt werden:

– Bei den Webstoffen aus Lassithi gibt es immer drei Zonen mit geometrischen Motiven an den Endflächen. Von diesen ist die mittlere in der Regel die breiteste, während die andern beiden, die sie einrahmen, gleich sind.

Bei den Webstoffen der anderen Provinzen schwankt die Anzahl der verzierten Zonen an den Endflächen der Webarbeiten zwischen zwei und sechs und ihre Anordnung ist selten symmetrisch.

– Der Mittelteil mit den linienförmigen Formen hat bei den Webstoffen aus Lassithi relativ breite verzierte Zonen und wenige gleichfarbige.

Im Gegensatz dazu wird bei Webarbeiten der anderen Provinzen diese Fläche von Gruppen gleichfarbiger Streifen bedeckt und die verzierten Zonen – falls vorhanden – sind schmal mit kleinen und einfachen Motiven. Hier haben nur die farblichen Elemente der Endteile den Mittelteil durchdrungen.

Das Dekor: Die Zonen

Wie bei den „sogioma“ (zur Gänze verzierten) Webarbeiten wird auch hier die verzierte Fläche von Zonen mit geometrischen Motiven gebildet. Es gibt oft drei verzierte Zonen: die mittlere ist, mit den größten und kompliziertesten Motiven, die breiteste. Die beiden sie umgebenden anderen sind schmaler, mit kleineren und einfacheren Motiven. Oftmals gibt es mehr als drei Zonen und manchmal auch nur zwei.

Die Beschreibenden Motive

Außer den „klassischen“ verzierten Zonen, die immer von horizontalen Linien des Schussfadens begrenzt werden, treffen wir bei den Webarbeiten mit Dekor an den Endteilen in der Regel auch auf eine Zone mit beschreibenden Motiven. Diese Motive, die abstrakt und schematisch dargestellt sind, werden im unverzierten Teil angeordnet und stellen gewöhnlich kleine Menschengestalten, Vögel oder Blumen dar. Die letzte durchgehende Linie der verzierten Fläche symbolisiert die Erde und erinnert an Kinderzeichnungen, bei denen Menschen, Tiere, Bäume und Blumen auf einer Linie stehen, die Himmel und Erde trennt.

Jedes verzierte Ende des Webstoffes hat einen zweipoligen Charakter: ein Teil schaut Richtung Stoffende, wo die „desa“, die charakteristische kretische Spitze hinkommt und der andere Teil in Richtung des „kambos“ (Leerfläche zwischen den verzierten Zonen).

Die beschreibenden Motive, die eine viel kleinere stilistische und farbliche Dichtheit haben als die geometrischen, dringen in den Untergrund – oder der Untergrund durchdringt die Motive – und schaffen damit einen weichen und gleichmäßigen Übergang von der verzierten zur unverzierten Oberfläche.

 

Die Motive Des „Kambos“ (Leerfläche Zwischen Den Verzierten Zonen)

In nur wenigen Fällen treffen wir auf Webarbeiten mit kleinen, im „kambos“ verstreuten Motiven, wie farbige Stellen oder farbige Stiche.

Diese Motive lockern die einheitliche Fläche auf, machen sie von einer passiven und statischen zu einer bewegten und verbinden die beiden farbigen Flächen miteinander, indem sie die Farben der einen auf die der gegenüber liegenden Fläche übertragen.

Beim Kelim aus Ierapetra erinnern die kleinen Motive, die in den „kambos“ gewebt sind, an farbige Flocken, von denen manche schweben und andere die Erde berühren. Sie bilden eine Schicht aus vielfarbigem Schnee, die Fläche mit den Ziermotiven.

Charakteristisch für die großen Webarbeiten, die an den Enden verziert sind, ist, dass der „kambos“ fast überall weiß ist, mit wenigen Ausnahmen, wo er gelb, orange oder grün ist, niemals aber rot.

Die Beiden Enden

Die Verzierung an beiden Enden einer Webarbeit ist nicht gleich und oft nicht einmal gleichwertig: die größere Anzahl der Zonen aber auch die Kompliziertheit der Motive des einen Endes machen es im Vergleich zum anderen, welches als zweirangig gelten kann, zum bedeutenderen. Dies erklärt sich aus dem Gebrauch der Webarbeiten, die so drapiert werden, dass eher das eine Ende zu sehen ist und es so in den Vordergrund gestellt wird.

Die Verzierung an den beiden Enden des Webstoffes hat den gleichen Stil. Oft ergibt sich diejenige des zweitrangigen sogar aus der des vorherrschenden Endes unter Verringerung der Zonen, deren Breite, Vereinfachung der Motive usw.

Das Hauptmotiv der vorherrschenden Fläche, nämlich der Rhombus, bildet auch die Mittelzone der zweitrangigen Fläche. Die stilistischen Kommentare in und zwischen den Motiven sind jedoch abstrakt und vereinfacht. Die deskriptiven Motive, die die verzierte von der einfarbigen Fläche trennen, werden am untergeordneten Ende der Webarbeit verkleinert und vereinfacht, um so dessen Maßstab angepasst zu werden.

Sogar wenn die Motive nicht ähnlich sind, wird an beiden Enden der Webarbeit der einheitliche Stil beibehalten. Dies wird mit einem gemeinsamen farblichen Untergrund, dem Gebrauch der gleichen Farben (die sogar in den gleichen Analogien erscheinen) und mit der gleichen farblichen und stilistischen Dichte der Motive erreicht.

 

Das Motiv: Die Kuppel

Die Kuppel erscheint bei den kretischen Webarbeiten in einer ganzen Reihe von Varianten und mit unterschiedlichen Analogien in ihrer Größe, jedoch mit den immer gleichen grundlegenden Charakteristika.

In seinem untersten Teil wird der Umriss der Kuppel durch zwei lotrechte Linien gebildet, die von einem Punkt an schräg werden und beginnen zu konvergieren. Bevor sie sich berühren, werden die Linien wieder lotrecht und formen einen „Hals“, der im höchsten Punkt als Rhombus endet.

Fast immer gibt es einen zweiten, inneren Umriss in einer Form, die an die Ansicht eines Hauses mit doppeltem Dach erinnert.

Die Stilistische Organisation Der Oberfläche

Die Organisation der Oberfläche der Webarbeiten mit Kuppelmotiv, die üblicherweise zwei- oder dreiteilig sind, weist eine bemerkenswerte Vielfalt auf.

Die Kuppeln zieren entweder nur das eine Ende des Webstoffes – wodurch wir auf der restlichen Fläche verzierte Zonen mit geometrischen Motiven haben – oder werden an die gegenüberliegenden Enden platziert, mit einer durch die Mitte gehenden horizontalen Symmetrieachse. In diesem Fall wird die Mittelfläche des Webstoffes, die zwischen den Spitzen der gegenüberliegenden Kuppeln liegt, entweder mit Zonen geometrischer Motive verziert oder nur mit einfachen Streifen. In wenigen Fällen bleibt sie leer.

 

Die Besonderheiten Im Dekor Der Kelims Mit Kuppelmotiven

Bei den Kelims mit Kuppelmotiv kann man einige Besonderheiten im Dekor beobachten. Sie liegen in der Art der Ergänzung der Flächen, die durch die grundlegenden Linien des Hauptmotivs (der Kuppel) geschaffen werden.

Wie bei allen kretischen Geweben mit geometrischer Verzierung, so sind auch bei den mit Kuppelmotiven dekorierten Geweben die verzierten Felder mit Mustern gefüllt und die einfarbige Fläche des durchscheinenden Untergrundes ist sehr klein.

Die besonders geformten Flächen der Kuppel selbst, aber auch die Flächen zwischen den Kuppeln, werden bei allen Geweben dieser Kategorie auf die gleiche Weise verziert:

­ mit Zonen aus einfachen Motiven senkrecht zur Webrichtung und

­ mit verschiedenen Variationen des immer gleichen Motivs, die sich aus dessen Wiederholung in alle Richtungen ergeben.

Gruppe 1

Die Oberfläche der Webarbeiten dieser Gruppe wird in relativ schmale Zonen unterteilt, manche davon einfarbig, andere mit einfachen Motiven verziert.

Jede einzelne Zone scheint aus gleichen, aber verschiedenfarbigen Stücken, zusammengefügt zu sein. Die Einfachheit des Musters ermöglicht die Benutzung klarer und leuchtender Farben, die mit Phantasie und Kühnheit gesetzt werden.

Gruppe 2

Was die stilistische Organisation angeht, so ist die Oberfläche dieser Webarbeiten in verschieden breite Zonen eingeteilt. Die kleineren Motive (in den schmalen Zonen) sind nichts anderes als Auszüge aus dem großen, vielschichtigen Motiv. Hierdurch werden untereinander gleiche Flächen in vielen unterschiedlichen Maßstäben geschaffen. Die Formen dieser Flächen wären rechtwinklig, wenn ihre senkrecht zur Webrichtung stehenden Seiten nicht durch Zickzacklinien ersetzt worden wären. Die gebrochenen Linien mit ihren scharfen Ecken werden gleichmäßig wiederholt und verleihen der Weboberfläche so Bewegung.

 

Gruppe 3

Die Eigenart der Webarbeiten dieser Gruppe besteht darin, dass die geometrischen Formen aus sehr kleinen Motiven zusammengefügt sind, die wir als „kleine Einheiten“ beschreiben können. Bei diesen Webstoffen haben die Linien, die die Grenzen zwischen den beiden verschiedenen Farben bilden, die gleiche Form wie die Motive die sie isolieren.

Mitten in dieses Netz aus Linien, in den stilistischen Hintergrund, werden die Farben gesetzt. Sie schaffen eine zweite, größere Ausgabe des Musters. Im Wesentlichen sind sie es, die die geometrischen Formen bestimmen. Die Farben werden bei den Webarbeiten dieser Gruppe mit strenger Regelmäßigkeit benutzt und nehmen daher eine vorherrschende Rolle ein.