Keramik
Traditionelle Kretische Keramik
Die Keramikwerkstätten In Kreta
Es gibt vier Dörfer, je eins in jeder Präfektur, die gröβtenteils von der Töpferarbeit lebten: Kentri auf der Lassithi-Hochebene, Thrapsano in Heraklion, Margarites in Rethymnon und Nohia in Hania. Wir werden die vier Dörfer sowohl demografisch als auch wirtschaftlich etwas unter die Lupe nehmen. Was uns interessiert ist v.a. das Jahr 1928. Wie wir zuverlässigen Quellen entnehmen, erlebten diese Dörfer in den Zwischenkriegsjahren eine Blütezeit.
Liegt in der Präfektur von Lassithi, 10 Km von Ierapetra entfernt. Es zählte 500 Einwohner, davon waren 12 Töpfer, was bedeutet, dass 30% der Einwohner von der Töpferei lebten.
Kentri erhielt seinen Namen auf Grund seiner zentralen Lage im Tal von Ierapetra. Die Töpfer lebten permanent dort und stellten hauptsächlich kleine Gegenstände her wie Krüge und Amphoren.
Die Ware wurde mit Hilfe von Booten von Ierapetra ins Messara-Tal und von Pahia Amos nach Sitia transportiert.
Die Brennöfen waren dieselben wie in Thrapsano und wurden am Rande des Dorfes gebaut. Ton gibt es in den westlich gelegenen Hügeln von Kentri und am Fuß des Berges Thripti.
Jeder Töpfer hatte zwei bis drei Helfer, je nach Produktivität. In einigen Töpfereien arbeiteten zwei Töpfer zusammen auf genossenschaftlicher Basis.
Der Gewinn wurde gleichmäβig unter den Helfern und dem Meister aufgeteilt.
Die Formen der Gefäβe von Kentri unterschieden sich in einigen Details von denen des restlichen Kretas. Die Technik blieb jedoch dieselbe, wie auch die Namensgebung der Gegenstände und Werkzeuge.
Die Töpferei verschwand schlieβlich am Anfang der 60er Jahre.
Thrapsano
Liegt in der Präfektur Heraklion, 25 Km nordöstlich von Heraklion. Das Dorf zählte 1.200 Einwohner, davon waren 26 Töpfer. 25% der Einwohner profitierten also von der Töpferei. Thrapsano (stammt vom Wort Thrapsala: Scherben von zerbrochenen Gefäβen, die in Hülle und Fülle in der Nähe von Brennöfen gefunden werden) ist das gröβte Töpferdorf Kretas. Das gilt nicht nur für die Einwohnerzahl sondern auch für die Produktivität.
Unsere Quelle berichtet, dass die Töpfer von Thrapsano die letzten 150 Jahre zum gröβten Teil im Sommer herumzogen, wobei im Dorf selber nur wenige Brennöfen von den meist älteren Töpfern zur Herstellung von kleinen Gefäβen benutzt wurden.
In Thrapsano gab es viel mehr Töpfer als in Margarites. Sie machten sich wegen ihrer Fertigkeiten einen Namen und gewannen die Bewunderung ihrer Kollegen auf ganz Kreta.
Die Thrapsanioten stellten alle damals üblichen Gefäβe her und zwar mit einer bewundernswerten Hingabe. Zugleich kopierten sie Gegenstände von anderen Gebieten.
Die Vendemmies und die Massenproduktion im Allgemeinen verschwanden Mitte der 60er Jahre. Anfangs der 80er Jahre aber gab es eine erhöhte Nachfrage nach touristischen und herkömmlichen Gefäβen, hauptsächlich zu dekorativen Zwecken. Das war Motivation genug für einige Töpfer, neue Brennöfen zu bauen und die Produktion erneut aufzunehmen.
Kleine Brennöfen aus der Renaissance wurden in und auβerhalb des Dorfes gefunden. Sie dienten zur Herstellung von glasierten Gegenständen.
Dass Brennöfen schon zu jener Zeit in Thrapsano existiert hatten bedeutet, dass wenigstens ein Teil der Töpfer permanente Werkstätten hatte. Das schlieβt jedoch nicht aus, dass die fahrenden Töpfer auch glasierte Gegenstände herstellten. Es wurde tatsächlich eine ähnliche Werkstatt in der Messara gefunden und es gibt Hinweise für weitere in verschiedenen Gebieten Kretas.
Margarites
Liegt in der Präfektur von Rethymnon, 28 Km nordöstlich von Rethymnon. Das Dorf zählte 700 Einwohner, wovon 22 sich mit der Töpferei beschäftigten, also 40%.
Es gibt zwei Erklärungen für die Etymologie des Dorfes:
Die erste gibt an, dass eine Königin von Eleftherna (eine Stadt im Altertum im Bezirk Mylopotamos) bezaubert war von der tatsächlich sehr schönen Gegend. So schenkte sie den Einwohnern ihren ganzen Schmuck, damit sie ein Dorf bauen konnten. Und so wurde das neue Dorf nach ihr benannt.
Vielleicht eine einfachere Erklärung ist die, dass Margarites ihren Namen von den gleichnamigen Frühlingsblumen erhielt. Das Dorf war einst der Hauptort des Bezirks Mylopotamos.
Die Töpferwerkstatt befand sich in einem der schönsten Landschaften des westlichen Rethymnon. Bis 1980 nahm sich das Dorf durch seine traditionelle Architektur aus.
Die Töpfer arbeiteten fast gleich wie in Thrapsano. Allerdings wurden hier mehr Leute in permanenten Werkstätten für kleine Gegenstände beschäftigt. Die Pithos-Hersteller waren in kleinen Gruppen unterwegs auf ihrer saisonbedingten Vendemmia.
Der gröβte Teil der lokal hergestellten Ware wurde auf Lasttieren nach Rethymnon und in abgelegene Dörfer, ja sogar bis ins Messara-Tal gebracht, da der Gewinn dort höher war.
Die fahrenden Töpfer konnten überall in Kreta angetroffen werden, besonders aber im Inselinnern und im Westen. Manchmal aber arbeiteten sie am gleichen Ort wie ihre Kollegen aus Thrapsano.
Trotz der Konkurrenz aus Thrapsano wurden nie ernsthafte Zwistigkeiten verzeichnet, wenigstens werden in unseren Quellen keine erwähnt.
Die Töpfer in Margarites standen ihren Kollegen in nichts nach. In ihrer Bestrebung, ihre Kunden zufrieden zu stellen, kopierten sie Gegenstände oder erfanden sogar neue Formen für ihre Gefäβe. Die Gefäβe aus Margarites unterschieden sich leicht von denen aus anderen Werkstätten. Das beruhte darauf, dass tonhaltige Farben in braun-roter Schattierung benutzt wurden. Die Rundungen der Gefäβe wurden mit geometrischen Zeichnungen oder abstrakten Mustern verziert.
Die traditionelle Produktion ging in den 60er Jahren zurück. Die fahrenden Töpfer verschwanden, einige Töpfer fertigten weiterhin einfache Haushaltgefäβe an. Die Händler fuhren nun mit ihren Autos in die abgelegenen Gegenden. Nach 1980 nahm die Nachfrage nach touristischen Produkten wieder zu, was einige junge Töpfer dazu motivierte, Kopien von altherkömmlichen und europäischen Gegenständen herzustellen.
Töpfer lieβen sich erst viele Jahre nach der Gründung des Dorfes in Margarites nieder. Auf Grund ihrer drei Kirchen kann das Gründungsjahr leicht chronologisch festgelegt werden.
Nohia
Liegt in der Präfektur Hania, 27 Km von der Hauptstadt entfernt. Es zählte 270 Einwohner, wovon 21 Töpfer waren. Also profitierten 60% der Bewohner von der Töpferei.
Es gibt keine Erklärung für die ungewöhnliche Benennung des Dorfes. Vielleicht ist es einfach eine freie Wiedergabe des Wortes “doheia” was soviel wie “Gefäβe” bedeutet und in verschiedenen Gebieten Griechenlands auch so betont wird.
Die Töpfer von Nohia hatten feste Werkstätten und stellten hauptsächlich kleinere Gegenstände her, die fast ausschlieβlich in den nördlichen Gebieten der Präfektur verkauft wurden.
Die Brennöfen waren nicht rund sondern viereckig und wiesen oben eine Kuppel auf. Die relativ kleinen Brennöfen und die Tatsache, dass es in nur 300m Entfernung vom Dorf Ton gibt, erlaubte es den Töpfern, mit nur wenigen Helfern zu arbeiten.
Auβer dem Wasserkrug waren die Gefäβformen denen der anderen auf der Insel ähnlich. Die ausladende Rundung, ein kurzer Hals und die weite Öffnung erinnern an archaische Amphoren.
Die Keramik verschwand in der 60er Jahren, etwas früher als an den anderen Orten.